Ortsvorsteher bezieht Stellung

In einem am 28.10.16 im Amtsblatt veröffentlichten Brief wendet sich der Ortsvorsteher, mehr als 2 Wochen nach der skandalösen Ortschaftsratssitzung, an die Fautenbacher und rechtfertigt sein Verhalten und das Verhalten des Ortschaftsrats. Nur, auf die kritischen Sachverhalte geht er nicht ein? Warum?
Zugegeben, es liest sich alles schlüssig, was der Ortsvorsteher hier schreibt. Aus seiner Sicht! Die grundsätzliche Frage hierbei ist: Stimmt das alles auch so? Die Mitglieder der Bürgerinitiative sind da ganz anderer Meinung. Die Stellungnahme stellt eine typische und sorgfältig formulierte Position des aus seiner Sicht politisch Erwünschten dar. Die Realität sieht bei näherer Betrachtung aber ganz anders aus.
Grundsätzlich ist mit dem Thema „Baugebietsbedarf“ anders umzugehen und das wissen Ortsvorsteher und Ortschaftsrat auch. Die baden-württembergische Gemeindegebietsreform von 1968-1975 hatte zum Ziel leistungsfähigere Gemeinden zu schaffen. Baugebietsvorhaben müssen aus diesem Grund gesamtstädtisch bzw. bezogen auf die gesamte Gemeinde gesehen werden. Das Klein-klein auf teildörflicher Ebene gibt es nicht mehr. Die Zersiedlung der Landschaft ohne Infrastruktur soll hierdurch verhindert werden. Der bestehende und praktizierte Wettbewerb der Ortsvorsteher um die Neuerschließung von Baugebieten ist deshalb weder zeitgemäß noch politisch opportun und gesellschaftlich auch nicht erwünscht. Deshalb zweifelt die Bürgerinitiative die Diskussion um den Bedarf des geplanten Baugebiets in Fautenbach auch erheblich an. Es gibt keinen nachweisbaren Bedarf, da in der Stadt Achern derzeit 4 große Brachen erschlossen werden, auf denen bis zu 700 Wohneinheiten entstehen können (ABB-Bericht vom 05. November 2016).
Bauinteressenten wenden sich mangels eines städtischen Masterplans immer an eine Vielzahl von Gemeinden. Alleine von Anfragen an eine Ortsverwaltung auf den grundsätzlichen Bedarf in der Gemeinde zu schließen ist falsch. Ob es diese Baugrundstücksanfragen in der dargestellten Form auch tatsächlich gibt, wird dementsprechend angezweifelt.
Häufig werden politische Entscheidungen mit in Auftrag gegebenen Studien und Erhebungen begründet oder mitbegründet. In diesem Fall zieht der Ortsvorsteher die angebliche Machbarkeitsstudie und die dazu gehörenden Untersuchungen des Verkehrs, des Schallschutzes und der Umwelt hervor, um die Machbarkeit des Baugebietsvorhabens zu begründen. Das Problem hierbei ist aber, dass die genannten Studien mangel- und lückenhaft sind und eine Vielzahl von augenscheinlichen Fehlern aufweisen. Sie stellen sich mehr als Gefälligkeitsarbeiten und weniger als substantiell begründete Untersuchungen dar. Bemerkenswert ist, dass selbst die Autoren der Studien die Gültigkeit ihrer Untersuchungen einschränken. Äußerst kritisch sind hierbei die Aktivitäten des eingesetzten kommunalen Beratungsunternehmens zu sehen, das die Studien in Auftrag gegeben hat.
Interessant ist auch, dass die dem Beschluss zugrunde liegende angebliche Machbarkeitsstudie, den Vermerk „Entwurf“ trägt. Es stellt sich also die Frage, wie sorgfältig hat sich der Ortschaftsrat mit den Dokumenten und deren Inhalten beschäftigt? Sind ihm die Fehler und Lücken, die jeder Anwohner der Tal- und Mühlenstraße beim aufmerksamen Lesen sofort bemerkt, nicht aufgefallen? Wollte man mit der positiven angeblichen Machbarkeitsstudie eine schnelle ortspolitische Entscheidung herbeiführen und die Bevölkerung vor vollendete Tatsachen stellen?
Guter politischer Stil wäre gewesen, die Diskussion mit den betroffenen Anwohner des Baugebietsvorhabens Kirchbühnd nach Vorstellung der Machbarkeitsuntersuchungen und vor einem Beschluss des Ortschaftsrats zu führen. Dies entspricht guter ortspolitischer Praxis. So war es ursprünglich auch zugesagt. Das Vorgehen des Ortschaftsrats am 11.10.16, offensichtlich nach internen Vorabsprachen, ist skandalös! Unmittelbar nach der Vorstellung der angeblichen Studien zu beschließen, dem Gemeinderat der Stadt Achern die Empfehlung zur Erstellung eines Aufstellungsbeschluss zu geben, ohne den Betroffenen ausreichend Raum für Diskussion zu ermöglichen, ist weder politisch, noch gesellschaftlich und sozial akzeptabel. Dies ist Dorfpolitik nach Gutsherrenart, intransparent, interessenorientiert und alles andere als zeitgemäß! Es überfährt die betroffenen Fautenbacher Bürger und lässt dem politischen und demokratischen Respekt gegenüber anderen Meinungen und Standpunkten in diesem umstrittenen Vorhaben vermissen. Es stört den Ortsfrieden.
Der Ortsvorsteher hat zwar grundsätzlich recht, wie er das Bebauungsplanverfahren beschreibt. Er vergisst aber dabei, dass die praktischen Mitwirkungsmöglichkeiten der betroffenen Anwohner hier erheblich eingeschränkt sind. Über die Gründe kann man lange diskutieren. Die Praxis zeigt jedoch täglich, wie solche Mitwirkungen ablaufen. Strebt man dörfliche Entwicklungen, so sieht die gute politische Praxis vor, die Diskussion auch im Dorf zu führen und abzuschließen. Was aber hier vom Ortschaftsrat als politische Arbeit abgeliefert wird, gehört in Zeiten, die schon lange der Vergangenheit angehören. Aus diesem Grund müssen die Vorgänge um die Erstellung der Studien, der angeblichen Machbarkeitsstudie und das Vorgehen des Ortschaftsrats genau untersucht werden. Vor allem um die vom Ortsvorsteher gewünschte Sachlichkeit zu gewährleisten und auch zu dokumentieren was wirklich sachlich ist!